Erinnerungsstein

Anerkannte Familie mitten aus dem Leben gerissen 1

Troisdorf. Dem Naziterror entkamen Fanni Meier, ihre Tochter Erna Lesser und Schwiegersohn Martin Lesser nicht. Die drei Spicher Juden wurden 1941 im Reichsarbeitsdienstlager Much interniert und kamen 1942 nach K�ln-Deutz.

Von dort wurde Fanni Meier nach Theresienstadt transportiert, Erna und Martin Lesser kamen nach Minsk und wurden vermutlich gleich nach ihrer Ankunft im Lager Trostinez ermordet.

�ber ihre Herkunft, ihren Werdegang und ihr Schicksal sprach Matthias Dederichs vom Heimat- und Geschichtsverein Troisdorf vor rund 50 Interessierten, denen mit dem Beispiel dieser Spicher Familie am Holocaustgedenktag das Grauen und die Menschenverachtung des Nationalsozialismus vor Augen gef�hrt wurde.

Die Gruppe stand an einem ungew�hnlichen Ort in str�mendem Regen, auf dem schmalen B�rgersteig an der Einm�ndung Hauptstra�e/L�lsdorfer Stra�e in Spich, morgens um 11 Uhr, gleich neben dem unaufh�rlichen Autoverkehr. Vielleicht ein Zeichen. Denn mitten aus dem gesch�ftigen Treiben, mitten aus dem Leben, mitten aus der Gesellschaft wurden auch die Juden gerissen.

6 Millionen ermordete Juden waren es insgesamt, davon 1,5 Millionen Kinder und Jugendliche, wie B�rgermeister Manfred Uedelhoven sagte, der vom "gr�sslichsten und gr��ten Verbrechen" sowie von "uns�glich menschenverachtendem Vorgehen" sprach. Auf der kleinen Gr�nfl�che an der Ecke enth�llten Dederichs und Uedelhoven einen Erinnerungstein gegen�ber des fr�heren Wohnhauses der Familie Meier.

Sie wohnte an der Hauptstra�e 240. Vater Philipp, war 1873 in Sieglar geboren worden und arbeitete sp�ter als Metzger. 1904 heiratete er Eva Mendel aus einem Ort an der Nahe. Sie hatten drei Kinder - Arnold, Erna und Martha. 1917 starb die Mutter. Philipp Meier heiratete 1918 erneut, aber die Ehe mit Fanny Linz aus Siegburg blieb kinderlos.

Dederichs konnte bei der Enth�llung nicht die ganze Lebensgeschichte erz�hlen. Aus seinen Recherchen ergab sich, dass die Familie in Spich gut integriert und geachtet war, und Fanny Meier sich sehr um arme Familien k�mmerte. Bis die Nazis sie aus dem Ort rissen. Ihr Mann Philipp starb 1940.

Dederichs verwies auch auf den 27. Januar vor 56 Jahren, als das Konzentrationslager Auschwitz von Russen befreit wurde. Der Heimatforscher: "Dieser Tag wird seit Jahren als Holocaustgedenktag begangen, ein Tag, der uns die Ereignisse und die Ermordung von Teilen des j�dischen Volkes und damit auch der j�dischen Mitb�rger aus unserem Dorf Spich vor Augen f�hrt." Es d�rfe kein Vergessen geben, und solche Ausw�chse d�rften sich nie wiederholen, betonte Dederichs, der mit dem Heimat- und Geschichtsverein vergangenes Jahr bereits einen Erinnerungsstein f�r die Familie Cahn in Sieglar aufgestellt hatte.

Wegen des schlechten Wetters verzichtete Historiker Norbert Fl�rken auf die vorgesehene Lesung. Nach j�dischem Ritus wurden von den Zuh�rern kleine Kieselsteine neben den Erinnerungsstein mit der Aufschrift zum Gedenken an die Familie Meier gelegt. Dederichs k�ndigte f�r M�rz eine Veranstaltung an, bei der man sich intensiv dem Schicksal der Familie Meier widmen und auch noch weitere Fakten herausfinden wolle.

1 aus: Rhein-Sieg-Rundschau, 29.1.2001