Soziale Kunst

Gravuren gegen das Vergessen

Von D�rte Staudt, 07.12.08, 19:53h

K�nstler Gunter Demnig verlegt Gedenksteine in Troisdorf. 20 Namen hat er eingraviert. Die Erinnerung an fr�here Mitb�rger, die wegen ihres Glaubens verfolgt und ermordet wurden, soll so aufrecht erhalten werden.

SIEGBURG / TROISDORF Der eigentliche Akt ist unspektakul�r. Einen Eimer voller Werkzeug ben�tigt der K�nstler Gunter Demnig, mehr nicht. Und einige Minuten, dann hat er die „Stolpersteine“ jene zehn auf zehn Zentimeter gro�en Betonsteine mit Messingplatte, verlegt. Die Atmosph�re aber ist immer ergreifend. Die Gedanken der Menschen, die sich um Demnig und die Initiatoren der Stolpersteine versammelt haben, scheinen stets zum Greifen nah. Die Erinnerung an fr�here Mitb�rger, die „wegen ihres Glaubens verfolgt und ermordet wurden“, so der Troisdorfer B�rgermeister Manfred Uedelhoven vor dem Haus Kirchstra�e 6. Dort wo Samuel und Hedwig Levy mit ihrer Tochter Ruth Johanna einst eine Metzgerei gef�hrt haben. Er dankte der Initiatorin in Troisdorf, Doris Jagusch, und den „Paten“, die jeweils f�r die Kosten der Erinnerung aufkommen. An diesem Tag in Troisdorf sind es 20 Namen insgesamt, die in das Messing der Bl�cke graviert sind. Denn, so Demnig: „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“

Rund 17 000 Steine und damit Namen hat der K�nstler schon verlegt. In mehreren hundert deutschen Kommunen, einige auch in Ungarn, in Tschechien, in den Niederlanden und in �sterreich. Jeder einzelne von ihnen tr�gt Geburtsort und -datum. Wann und wo die j�dischen und verfolgten Menschen gestorben sind, l�sst sich h�ufig nicht mehr nachvollziehen. Die Spur der Levys verliert sich 1942 im polnischen Ghetto Lodz.

Ganz genau aber kennt man das Datum eines ersch�tternden Freitodes, dessen n�here Umst�nde erst im vergangenen Jahr bekannt wurden. Erst 20 Jahre alt war die Siegburgerin Ilse Fr�hlich, Tochter eines Hutmachers aus der Kaiserstra�e 20, als sie beschloss, ihrem Leben gemeinsam mit der verbotenen Liebe, dem katholischen Rudolf Marx, ein Ende zu setzen. „Es ist alles Schicksal“, schrieb sie in einem Abschiedsbrief, der �ber verschlungene Wege dem Stadtmuseum zugegangen ist.

„Ich habe das Bild dieses jungen M�dchens in der Zeitung gesehen und es hat mich so sehr ber�hrt“, erz�hlt die in Sankt Augustin lebende Schauspielerin Eva Scheurer. „Ein M�dchen, das anders etwa als unsere Tochter heute, so gar keine Chancen hatte.“ Gemeinsam mit ihrem Mann Rudolf Kowalski und der Tochter Milena machte sie sich auf den Weg, um auch f�r Ilse Fr�hlich einen Stolperstein in das Pflaster der Fu�g�ngerzone zu legen. Gute Kontakte zum K�nstler Gunter Demnig gibt es in Siegburg seit Jahren, denn koordiniert von der pensionierten Lehrerin Christa Jabcke mahnen in der Kreisstadt bereits zahlreiche Steine „wider das Vergessen“. Mit dieser Erinnerung an die junge Ilse Fr�hlich und mit der ebenfalls am Samstag in der Kaiserstra�e verlegten Messingtafel f�r den in Bergen-Belsen ermordeten Gewerkschaftler Karl Pierkes sind es nun 78 Steine.


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